Der Roman ist eine Mischung aus spannungsvollen Thriller-Elementen und nachdenklichem Familienporträt, packend und elegant geschrieben. Am Anfang dachte ich, es würde viel mehr um die Mutter/Erzählerin und ihre Beziehung zu ihrem Sohn gehen (hat er seinen Mitschüler umgebracht oder nicht?), aber im Laufe der Handlung kommen noch zahlreiche weitere Aspekte dazu wie das Verhältnis zu ihrem Mann (der eigentlich ein guter Ehemann ist, sie aber immer wieder unangenehm bevormundet, ohne dass sie das konkret kommentiert), ihr Minijob in einer Seniorenresidenz, ihr Verhältnis zu anderen Müttern und zur jüdischen Community in den USA und in Israel. Die nahtlose Einflechtung der jüdischen Kultur fand ich mit am spannendsten, weil sie die Geschichte (von einer israelischen Autorin, das Original ist auf Hebräisch) von anderen amerikanischen Familiennarrativen unterscheidet. Gute, teilweise kluge Unterhaltung, von der ich mir hier und da mehr Erforschung einzelner Aspekte gewünscht hätte.

[3.5 Sterne]